Sylvias Zeichenecke

Grundlagen des Zeichnens

Es gibt ein paar Grundlagen, deren Kenntnis beim Zeichnen sehr hilfreich ist. So mancher, der unbedarft versuchte, mit dem Zeichenstift etwas erkennbares zu Papier zu bringen, dürfte nicht zuletzt an der Unkenntnis dieser Grundlagen gescheitert sein. Und wenn man diese Grundlagen beherzigt, ist man in der Lage, grundsätzlich alle Arten von Motiven zu zeichnen.

Augen-Hand-Koordination

Für mich war die allerwichtigste Erkenntnis, dass Zeichnen viel mit Augen-Hand-Koordination zu tun hat, also der Fähigkeit, die einem ermöglicht den Basketball in den Korb zu werfen. Man zielt dabei ja nicht mit der Hand oder dem Arm, sondern mit den Augen, und die Hand folgt den Augen. Um dann auch zu treffen, muss man das trainieren. Und so ist es auch beim Zeichnen. Man schaut genau auf sein Motiv und konzentriert sich darauf, mit dem Stift in der Hand nachzuvollziehen, was man sieht. Auch das muss man trainieren. Deshalb ist es sehr wichtig, dass man am Anfang mindestens sechs Wochen jeden Tag übt, denn Regelmäßigkeit ist entscheidend. Dafür reichen auch einfache Motive erstmal aus.

Sehen

Klar, man muss sein Motiv schon anschauen, um es zeichnen zu können. Aber wie oft schauen wir im Alltag wirklich hin? Um dem nächsten Laternenpfahl ausweichen oder unseren Einkaufszettel im Supermarkt abarbeiten zu können, müssen wir ja auch nicht allzu genau hinschauen. Selten nehmen wir die Form oder Struktur einer Sache detailiert wahr. Wir wissen ja auch, wie die Dinge, die uns im Alltag begegnen, aussehen, oder? Wenn man aber plötzlich vor die Aufgabe gestellt wird, etwas aus der Erinnerung zu zeichnen, funktioniert das bei den einfachsten Dingen vielleicht noch. Bei etwas komplizierteren Dingen ist das aber schon anders. Das Ergebnis eines solchen Versuchs sieht dann nicht gerade realitätsgetreu aus.

Und auch wenn man mit dem Zeichnen anfängt, wundert man sich manchmal, warum die Zeichnung irgendwie falsch aussieht. Grund dafür ist, dass man dazu neigt, sein vermeintliches Wissen über das Aussehen eines Gegenstandes in die Zeichnung einfließen zu lassen, anstatt genau hinzusehen. Man muss erst lernen, sein Motiv wieder unvoreingenommen zu betrachten und zu erkennen, wie eine Linie wirklich verläuft, in welchem Winkel unterschiedliche Linien zueinander stehen, und die Proportionen einer Sache zu erkennen.

Wenn man diesem Prinzip folgt, verliert auch das Thema Perspektive seinen Schrecken. Es hilft, ein wenig über Perspektive zu wissen, um zu verstehen was man sieht. Tiefgreifende Kenntnisse darüber sind aber nicht notwendig, wenn man lernt, seinen Augen zu vertrauen.

Geometrische Grundformen

Alles besteht aus Variationen von Grundformen wie zum Beispiel Kugeln, Zylindern und Quadern bzw. Kreisen, Ellipsen und Rechtecken. Diese Grundformen in seinem Motiv zu erkennen, erleichtert einem den Einstieg in eine Zeichnung. Ein vermeintlich schwieriges Motiv verliert seinen Schrecken, wenn man es mit diesem Prinzip vor Augen betrachtet. Von diesen Grundformen ausgehend kann man dann die Elemente eines Motivs weiter präzisieren.

Negative Space

Gerade bei komplizierten Motiven kann es hilfreich sein, sein Augenmerk nicht nur auf die Bestandteile des Objekts selber zu richten, sondern auch auf die Zwischenräume. Man zeichnet beispielsweise nicht die Äste eines Baumes, sondern die Zwischenräume, die die verzweigten Äste bilden. Zumindest gleicht man die Zwischenräume beim Motiv und bei seiner Zeichnung ab. So kann man kontrollieren, ob man mit seinen Linien auf dem richtigen Weg ist.

Zeichnen ist nicht Kopieren

Zeichnen ist gewissermaßen wie Übersetzen, nur mit Bildern statt Worten. Wenn man einen Text von einer Sprache in eine andere übersetzt, übersetzt man nicht Wörter, sondern Bedeutungen. Ähnlich ist es beim Zeichnen. Die Striche auf dem Papier kopieren nicht das Gesehene, sie repräsentieren es. Man kann ja auch nicht jedes Blatt eines Baumes einzeln zeichnen, sondern muss einen Weg finden, das Blattwerk so darzustellen, dass es als solches erkennbar ist, ohne sich zu sehr in Details zu verlieren.

Außerdem hat man auch die künstlerische Freiheit, zu entscheiden, was man in seine Zeichnung aufnehmen möchte und was nicht. Egal, ob man von einem Foto zeichnet oder eine reale Szene vor sich hat.

Üben

Man kann kaum überschätzen, wie wichtig möglichst regelmäßiges Üben ist, um beim Zeichnen weiterzukommen. Durch üben trainiert man seine Augen und seine Hand. Und mit üben sind nicht unbedingt langweilige Zeichenübungen gemeint. Jede Zeichnung, die man macht, auch wenn sie mal nicht so gelingt, trainiert die Fähigkeiten.

Blume